Was ist Kunst?

»Wir haben gesehen, was der Hip-Hop mit dem Begriff Nigger gemacht hat. Ich versuche das Gleiche mit dem Begriff Kunst.« Banksy

  • »Ingmar Bergman sagte einmal, dass das Interesse des Menschen am Menschen ewig wäre und deshalb immer Hoffnung für die Kunst bestehe. Unsere Zeit hat begonnen, diesen Glauben zu erschüttern. Je weiter wir in das digitale Zeitalter vordringen, desto mehr geht das Interesse an der konkreten anderen Person verloren. Aus Essays und Kunstwerken werden PR-Projekte, aus Menschen werden Plakate, deren einziger Zweck darin besteht, zu beeindrucken, statt Einsichten zu vermitteln.« Jüri Reinvere
  • Es gibt auf Vernissagen so eine gewisse Art Laudationes, die nicht nur ermüdend sind aufgrund ihrer Langatmigkeit, sondern dazu wirklich oberpeinlich. Die Werke von Künstlern in hohen Tönen zu loben und preisen, um ihren tiefen Sinn dem geneigten Publikum näher bringen zu wollen, ist vornehmliche Aufgabe der Laudatio. Aber das Werk eines Künstlers mit dem massiven Einsatz eines sich selbst übertreffenden Hyperlativs totzuloben, obwohl es dem offenbarten Anspruch offenkundig und überhaupt nicht gerecht werden kann, will man Picasso und Co. nicht in die Tiefen der Hölle für bedeutungslose Hobbyisten verbannen, ist entweder ziemlich dämlich oder Vorsatz. Spätestens wenn das Publikum seiner Neigung zur Kunst betretenen Blickes durch die des Kopfes zur Musterung des äußerst interessanten Bodens Ausdruck verleiht, sollte der Laudator Erbarmen zeigen und verstummen.
  • Kunst ist die bewusste Mustergestaltung zur Neuausrichtung der Reflexion von Rezipienten mit dem Ziel einer gemeinsamen Realität.
  • Kunst-Elitarismus oder Kunst-Elitismus ist eine Ideologie, die vom Glauben getragen ist, einer Kunst-Elite anzugehören. Erkennungsmerkmal ist die Okkupation der Definitionshoheit über Kunst an sich. Kunst-Segregation bezeichnet in der Kunst den Vorgang der Entmischung von unterschiedlichen Akteuren einem Beobachtungsgebiet. Man spricht dann von Segregation, wenn sich die Tendenz zu einer Polarisierung und räumlichen Aufteilung der Künstler gemäß bestimmten Eigenschaften beobachten lässt. Das Beobachtungsgebiet ist entlang bestimmter Merkmale segregiert, wenn eine bestimmte Gruppe oder ein spezifisches Element in Teilen des Beobachtungsgebietes konzentriert auftritt, in anderen dagegen unterrepräsentiert ist. Zur Synthese verwende ich die Formel KESE.
  • Kunst ist zunächst immer das, was Künstler als ihre Kunst bezeichnen wollen. Völlig subjektiv und unabhängig jeder anderslautenden Kritik. Damit müssen Publikum und Kritiker leben. Der Mut der Künstler besteht also immer im Sprung ins kalte Wasser der Besserwisserei.
  • Es gibt ja den bekannten Slogan des Mutes der Verzweiflung. Auf meinen diversen Ausstellungsbesuchen habe ich auch den Mut des akademischen Kunststudiums kennengelernt, welches mir oft die einzige Grundlage der ausgestellten Exponate zu sein scheint. Ich kann mich diesbezüglich ziemlich frei und subjektiv in die Schlusslinie der Kritik stellen, schließlich habe ich Kunst an keiner Akademie studiert.
  • Auf Ausstellungen werde ich oft gefragt, wie mir die dortige Kunst gefällt. Als Künstler bin ich da ziemlich befangen. Es ist irgendwie eigenartig, die Kunst anderer Kunstschaffender beurteilen zu sollen. Aber ich bin schließlich auch Publikum. Was mir bei Ausstellungen auffällt, die von Kunstinstitutionen veranstaltet werden, ist ein ähnliches Schema: Meist honorige Leute erzählen ein wohlmeinendes Narrativ über Kunst, die nicht von ihnen erschaffen wurde, von Künstlern, die sie oft gar nicht kennen oder selbst honorig sind, um das Publikum dieser Kunst geneigt zu machen. Dann darf das Publikum schauen und sich sein Urteil bilden und am Besten die Brieftasche zücken. Und irgendwie bin ich immer froh, mich meist vor der Beurteilung der Exponate drücken zu können mit dem Hinweis, ich sei als Künstler befangen, da ich oft den Eindruck habe, ohne die vorangegangenen Laudationes wüssten viele nichts damit anzufangen.
  • Kunst ist keine Demokratie.
  • Das für mich Spannende an meinen Building Potraits ist das Verborgene: während sie scheinbar den Menschen vermissen lassen, fokussiere ich mich auf Gebäude. Ihre Lebensdauer überschreitet in der Regel die eines Menschen, weshalb sich in ihnen nach einer gewissen Zeit so viele Leben versammelt haben, dass man von Lebenszonen sprechen kann. Mit den Building Portraits portraitiere ich also im Grunde alle Menschen, die sich je darin befunden haben und befinden werden.
  • Ich bin Autodidakt. Ich habe niemals irgendetwas studiert in dem Sinne, dass ich an einer Universität eingeschrieben war. Schon gar nicht habe ich auf diese Weise Kunst studiert. Ich bin mir auch gar nicht sicher, ob man gerade Kunst im primär wissenschaftlichen Sinne studieren kann. Grundlage der Wissenschaft ist Falsifikation. Kunst ist nicht falsifizierbar.
  • Die ständigen Zweifel, ob man etwas »richtig« gemacht hat, sind liebgewonnene Wegbegleiter und beugen auch einer möglichen Hybris der Profis vor, die zum Untergang der Titanic führten. Meine Zweifel stellen meine Kunst und mich permanent in Frage. Manchmal fühle ich mich wie ein Hochstapler kurz vor der Entlarvung. Ich bin ein Amateur; ich bin Liebhaber der Kunst. Ich bin der größte Zweifler meiner Kunst.
    Ich bin ebenso Autodidakt wie eigentlich jeder, der irgendetwas weiß oder kann, denn letztlich ist man selbst dafür verantwortlich, was und wie man lernt. Am Ende müssen wir es selbständig mit allem Wissen um unser Unwissen und um der Unwissenheit willen tun. Keiner lernt für uns. Im Grunde unseres Herzens sind wir doch alle Autodidakten.
  • Mich irritiert immer wieder die mir häufig gestellte Frage zu meinen Bildern: »Wie machst Du das eigentlich?«. Oft frage ich zurück, ob die betreffende Person einem Bäcker beim Kauf der frischen Sonntagsbrötchen dieselbe Frage stellen würde, worauf die Irritation sehr schnell die Seiten wechselt. Was ist neben der reinen Neugier der Beweggrund für diese Frage oder ihr tieferer Sinn?
  • »Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle. Es ist das Grundgefühl, das an der Wiege zu wahrer Kunst und Wissenschaft steht. Wer es nicht kennt und sich nicht mehr wundern, nicht mehr staunen kann, der ist sozusagen tot und sein Auge erloschen.« Albert Einstein
    In meinem Leben gibt es bestimmte Dinge, die ich nicht wissen will: Ich will einfach nicht wissen, wie der Zaubertrick funktioniert, der mich soeben in kindliches Staunen versetzt hat. Es interessiert mich überhaupt nicht, wie der Zauberer das »gemacht« hat. Wozu sollte ich das wissen wollen? Wozu sollte ich gerade den Zauber zerstören wollen, wegen dem ich mir dieses Zauberkunststück überhaupt angeschaut habe und weshalb ich in ehrfürchtiges Staunen verfallen bin?
    Die Frage: »Wie machst Du das eigentlich?« zeugt nicht nur von Neugier, die selbst mit der Antwort nicht befriedigt wird. Die technischen Einzelheiten eines Kunstwerkes tragen selten bei zu dessen Verständnis. Diese Frage bezeugt in erster Linie ein gewisses Desinteresse an der Kunst, da sie auf diese Weise letztlich auf Nebensächlichkeiten reduziert wird. Oder hat das Wissen um die Herstellung der Farben und die Technik ihres Auftrages jemals etwas zum tieferen Verständnis etwa der Mona Lisa beigetragen? Lassen wir der Kunst doch ihre kleinen Geheimnisse.
  • Die sogenannte freie Kunstszene wird nicht deshalb als frei bezeichnet, weil sie im Sinne des Art 5 Abs. 3 Satz 1 GG tatsächlich frei ist, sondern sollte der rauen Wirklichkeit entsprechend besser, oder schlechter, als Freiwild bezeichnet werden. Die freie Szene ist sprichwörtlich am Arsch der Gesellschaft. Die Politik hat nicht begriffen und will es auch nicht, dass Kunst der staatlichen Förderung nicht nur bedarf, sondern im Sinne des Grundgesetzes einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf diese Förderung hat, soll sie tatsächlich frei sein. Ein Deutschland, welches seine Kunst und Kunstschaffenden nicht unter diesen existenziellen Schutz stellt, kann nicht erwarten, dass Kunst gedeiht. So einfach ist das. Deutschland funktioniert immer noch nach dem Motto des SPD-Urgesteins Franz Müntefering: »Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen.«, bejubelt von ausgerechnet den Politikern, die über das Ach und Weh der Dichter und Denker entscheiden, ohne jedoch in ihrem Leben je wirklich gearbeitet zu haben.
  • Ich bekomme auf Instagram immer mal wieder lustige Anfragen in der Art: »Oh, Deine Kunst ist so cool, ist das auch zu verkaufen?« Anfänglich dachte ich, ja klar, bis ich dahinter kam, dass bei einer entsprechenden Antwort umgehend ein Angebot kam, ich solle doch unbedingt NTFs verkaufen. Einige Zeit habe ich Accounts mit solchen Anfragen einfach blockiert. Letzte Woche machte ich ein Gegenangebot: »Kaufe ein Bild von mir für einen Preis von 10.000€ und Du kannst es als NTF verkaufen.« Wenn NTFs so derart rasante Gewinnchancen bringen, muss das ja ein Super-Geschäft für den Käufer sein. Komischerweise wurde das Angebot ausgeschlagen. Nun frage ich mich: WTF?
  • Prinzip Hoffnung: Steht ein Mann auf dem Marktplatz. In seinem Bauchladen: Schnürsenkel. Preis: 10.000 Euro pro Paar. Fragt ein Passant: Das kauft doch keiner? Die Antwort des Verkäufers: Aber wenn!
    Kunstmessen haben sich zum Verkaufsschlager entwickelt – für deren Veranstalter und Vermieter. Kleine Kunstgalerien und Künstler haben das Nachsehen … und bleiben in der Regel auf ihren Kosten sitzen.
    Groß, größer, am größten. Teuer, teurer, am teuersten. Die Verkaufszahlen für Kunst bleiben bei diesen Orgien der Quantität oft weit hinter dem hoffnungsvollen Lächeln in den überteuerten Repräsentationskäfigen zurück, während Besucherströme vergeblich versuchen, innerhalb einer kurzen Zeit die schiere Masse an Kunst zu verkraften. Hie und da wird auch etwas Kunst gekauft und sogar manche Größe der Kunst blickt gönnerhaft in die Kameras. Alles in allem jedoch handelt es sich um teures Narrengold.
    Kunstmessen sind zu Gelddruckmaschinen für wenige Geschaftlhuber verkommen und funktionieren wie Lotterien: Viele machen mit, die Hoffnung steht im umgekehrten Verhältnis zur Gewinnchance und wenige Gewinner verstärken diesen Effekt. Es gibt sogar Galerien, die ihre Künstler den sündhaft teuren Lottoschein bezahlen lassen und trotzdem 50% vom Gewinn kassieren, weil eine Teilnahme ohne Galerie utopisch erscheint.
    Tatsächlich ermöglichen und finanzieren ausschließlich die teilnehmenden Künstler diesen Jahrmarkt der Eitelkeiten, während nur wenige abkassieren für eine Handvoll Hoffnung, die sie Künstlern in den Hut werfen. Teilnehmende Künstler müssen durch diese Geschäftspraktiken aus Angst vor der Unsichtbarkeit so hohe Verkaufspreise aufrufen, dass Verkäufe die Seltenheit sind. Und entfleucht dann die Galerie, weil so schnell doch kein großes Geld zu machen war, bleibt der Künstler auf seinen diktierten Aufrufpreisen sitzen, weil er es sich ja nicht mit der Kunstwelt und eventuellen Käufern verderben will, wenn er die Preise wieder senkt, damit jemand etwas kauft. Künstler sind die wahren Mäzene der Kunst.
    Die beste Antwort auf die beliebte Frage: »Kann man von Kunst leben?«, wäre: »Frag den Veranstalter.«
  • Kunst ist oft das, was man sich nicht erlauben darf.
  • Ich weiß ja nicht, was in Deutschland – trotz Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG – an Kunst in Werk- & Wirkbereich frei sein soll, wenn jedes Werken und Wirken entweder ohne Öffentlichkeit bleibt, und damit keine Kunst ist, oder der Anerkennung des Künstlers bedürfen soll durch Berufsverbände und andere angebliche Kunst-Institutionen, ohne deren Anerkennung der falsche Eindruck erweckt wird, es handele sich bei den Werken vielleicht um – aber doch eher niederträchtige – Kunst, beim Künstler jedoch mitnichten um einen solchen, weil ihm schlicht die institutionelle Anerkennung als solcher fehlt, die selbstverständlich immer von Leuten kommen muss, die eigentlich mit dem Künstler und seinem Werk nichts, aber auch gar nichts zu haben (wollen). Das funktioniert ähnlich wie die Freiheit von Zwangsarbeit gemäß Art. 12 Abs. 3 GG, es sei denn, Du bist Empfänger von Sozialleistungen.
  • Manche Menschen werden Polizisten, weil sie die Welt zu einem besseren Ort machen wollen. Manche Menschen werden Künstler, damit die Welt besser aussieht.
  • Die Naturwissenschaften müssen, wenn sie Wissenschaften der Natur aller Phänomene sein wollen, Möglichkeiten des Nachweises immaterieller Naturphänomene erdenken, um nicht (bloß) als Materiell-Wissenschaften und damit nicht als Naturwissenschaften gelten zu können.
    Die derzeitige Unfähigkeit der Naturwissenschaften zu Nachweisen immaterieller Naturphänomene kann ebenso wenig als Beweis für deren Nichtexistenz gelten wie ihre bloße Behauptung ein Nachweis ihrer Existenz ist.
    Als Beispiel für die aktuelle Unfähigkeit der Materiell-Wissenschaften zum Nachweis immaterieller Naturphänomene mag die Kunst dienen: Kunst ist messbar nicht nachweisbar, aber ohne Zweifel existent. Sie ohne Nachweis der Messung als nicht existent bezeichnen zu wollen, endet in Absurdität.
    Bereits der Wille zur Messung erfordert ein immaterielles Konzept des Maßes … aller Dinge, während das Konzept der Genauigkeit die Bereitschaft zur Anerkenntnis einer Toleranz oder Unschärfe erfordert, ohne die jede Feststellung eines Maßes ohne jede Gültigkeit sein muss.
  • Kunst ist die Fähigkeit zur Offenbarung des Offensichtlichen.
  • Verbrechen ist keine Kunst.
  • Kunstausstellungen sind meist die Trophäensammlungen reicher Leute.
  • Laut-Maler sind Künstler oder Schwätzer. Für den Laut-Konsumenten schwer zu unterscheiden.
  • Kunst ist die Fähigkeit zur Erschaffung von geistigen Projektionsmöglichkeiten, welche über die Eigenschaften der zur materiellen Projektion selbst verwendeten Mittel hinausgehen.
  • Erst wenn das letzte Werk unbemerkt, die letzte Bühne geschlossen, der letzte Künstler brotlos ist, werdet ihr merken, dass Kunst keine Ware war.
  • Kunst ist der Rausch des Künstlers am Wesentlichen.
  • Kunst bedarf des Rezipienten aufgrund der Unfähigkeit des Künstlers zur neutralen Betrachtung der eigenen Werke.
  • Eine Politik, die den Wert von Kunst und Kultur als Grundlage jeder Gesellschaft nicht zu erkennen, respektieren und zu schützen in der Lage sein will, hat jeden Anspruch an die Vertretung der Gesellschaft verloren.
  • Obgleich der Schauer der Kunst den meisten teurer sein will als Kunst darselbst, ziemet es doch dem Künstler nichtens, den Schauer als Kunst verarbeiten zu mögen, da dieser mitnichten ein Kunstwerk sein wollte, da er darselbst keiner Kunst ein Seines abzugewinnen vermag.
  • Mein eigentlich einzig wirkliches Kunstwerk ist die Hoffnung auf das Erkennen der Menschen ihrer Künstlerischkeit in sich selbst.
  • Die Marginalisierung der Kunst als wertvoll für andere, aber wertstiftend von Künstlern, hat dieselbe Weltanschauung zur Grundlage, wie die Würde des Menschen im Einklang mit dessen Ausbeutung bei gleichzeitiger Abrede jeder Möglichkeit zur Einflussnahme durch die Marginalisierten.
  • Kunst ist gestaltetes Nichts.
  • Kunst ist die Fähigkeit, der Gegenwart eine Hoffnung auf Zukunft zu verleihen.
  • Das Konzept der kulturellen Aneignung ist dem der Rassendurchmischung nicht unähnlich: beide sollen dem Schutz von singulären Mythen dienen, denen jede wissenschaftliche Entsprechung fehlt, während sie irrationale Ängste vor dem Fremden erzeugen und sich damit selbst bestätigen.
  • In Zeiten der Unkultur muss die Kunst leiden, statt uns durch die Unkultur zu leiten.
  • Unsere Gegenwart erinnern, verinnerlichen, wahrnehmen wir mit Bewusstsein. Sie ist der Montage- und Brennpunkt unserer Intentionen in der Vergangenheit und Zukunft. Unsere Gegenwart gibt uns Auskunft, was wir wollten, wollen und wollen werden; sie ist der Spiegel dieser Intentionen. Wir können uns nur der Gegenwart erinnern, um Vergangenheit und Zukunft zu sehen. Wir sind, was wir sein wollten; werden werden, was wir sein wollen. Es gibt kein Gewahrsein der Vergangenheit oder Zukunft ohne dem Gewahrsein dieser, unserer Gegenwart.
  • Fällt es eigentlich dem einen oder anderen auf, dass die Verwaltung der Bundesrepublik Deutschland ca. 80% ihrer Aufgaben an den einzelnen Bürger delegiert hat, wobei sie sich die Entscheidung und deren Vollzug vorbehält? Der Souverän macht die Arbeit und die Politik kassiert …
    Auf diese Weise werden alle Innovationen von Einzelnen zugunsten der Monopole verhindert mit der Folge, dass der Staat vom Einzelnen Vorkasse verlangt, bevor dieser auch nur einen Cent verdient hat, und dieses Geld an die Monopolisten als Subvention übergibt. Sauber!
    Der Rest des Lebens ist verwaltete Freizeit, welche denselben administrativen Zwängen unterliegt. Wir verwalten uns zu Tode, ohne dass diejenigen, die diese Arbeit leisten und bezahlen – außer den berühmten Ausnahmen – etwas davon haben, was sie unabhängig macht.
    Auf diese Weise kommen wir gar nicht auf die Idee, wir hätten auch nur annähernd Zeit, um all diesen Unsinn zu erkennen, zu verstehen und zu ändern. In diesem Land ist gefährlich, wer – trotz relativer Armut – sein Leben lebt und genießt. Aussteigerversuche werden geahndet.
    Na klar könnten wir das ändern. Ziemlich einfach und schnell sogar! Aber es geht dem Deutschen doch nichts über eine gepflegte Beziehung zur Obrigkeit in der – wie immer trügerischen – Hoffnung, wenn man nur untertänigst genug ist, würde einen die Obrigkeit schon übersehen.
    Kunst ist frei? Kunst in Deutschland ist am sprichwörtlichen Arsch der Welt! Du kannst nicht einmal malen, singen oder herumkünstlern, was Du willst. Richtig schlecht wird es, wenn Du versuchst, damit Deinen Lebensunterhalt zu verdienen. Jeder hat Dir plötzlich etwas zu befehlen.
  • Natürlich können wir Hard- & Software entwickeln, die es uns erlauben, allein vom Sofa aus die Kunst im Louvre detailgetreu wahrzunehmen wie in Wirklichkeit. Wir schaffen es sogar, das entsprechende Publikum zu projizieren. Aber warum gehen wir nicht einfach in den Louvre?
  • Die wenigsten Menschen machen sich klar, dass Kunst finanziert werden muss, da, ähnlich wie beim Goldrausch, jeder Schaufelverkäufer und Schrankenwärter das fordernde Händchen aufhält zum Empfang des legalen Bakschisch. Und wer finanziert die Kunst? Der Galerist? Der Käufer mit der großen oder auch kleinen Brieftasche? Nein, es sind die Künstler, welche somit die größten Mäzene der Kunst sind. Ohne deren Investment blieben Ausstellungen leer, Auktionen ohne Käufer und die meisten Büros leere Räume mit leeren Menschen und viel Platz für leere Ideen.
  • Kunst und Polizei finden immer ein Motiv.
  • Die weit verbreitete Ansicht, Künstler müssten vor allem Marketingexperten sein, um ihre Kunst auch verkaufen zu können, ist ähnlich albern wie die Forderung, Kinder müssten Meteorologen sein, um sich an der Sonne zu erfreuen.
  • Wenn Kunst den Menschen nur halb soviel wert wäre wie die Ablenkung vom Wesentlichen, wären alle Künstler reich.
  • Das Heilsversprechen des Kapitalismus von einem »es«, was jeder schaffen könne, wenn er nur wolle und sich richtig und auch tüchtig anstrenge, offenbart sich gerade in der Kunst als das, was es ist: richtig schlechtes Schmierentheater.
    Gerade der Künstler verkörpert allen sonst für seine Kunst benötigten Eigenschaften voraus die von diesem Heilsversprechen geforderten: Bereitschaft zum Risiko und zur Selbstausbeutung bis hin zur Aufgabe aller Prinzipien zur Schaffung neuer Darstellungs- und Betrachtungsweisen in allen Bereichen des Lebens. Wäre dieses Heilsversprechen eines auf tatsächlich generelle Erreichbarkeit eines Paradieses auf Erden, wie es so gern und oft behauptet wird, wären gerade Künstler die größten Apologeten des Kapitalismus.
    Einerseits gibt es da den zur eigenen Kunstform erlogenen Kunstmarkt, schon dessen Begriffswahl entwaffnend offen die Spekulation mit Kunst über ihren Inhalt stellt, der sich die Kunst unterzuordnen habe: Zweck der Kunst ist hier allein ihre Transmutation zum bloßen Objekt der Begierde einzelner Spekulanten dieses Marktes … auch ohne jeden Bezug des Rezipienten zum Inhalt.
    Andererseits existiert ein absurdes Bild vom sogenannten Künstler, der irgendwie immer recht eigenartig, am Besten gezeichnet durch Spuren des harten Lebens, sowie grundsätzlich brotlos zu sein und sein Werk ganz selbstverständlich jeder Öffentlichkeit ohne Empfang eines Gegenwertes zur Verfügung zu stellen habe … schließlich erschafft er es freiwillig und in der Regel ohne Auftrag für das Publikum. Möge er doch Farbe fressen.
    Ein Erfolg wird ihm nur dann in Aussicht gestellt, wenn er sich und das Werk dem Kunstmarkt frei verfügbar macht, also herschenkt mit der Aussicht auf das Ansehen derer, die damit Gewinne erzielen wollen, und einen kleinen Prozentsatz der Spekulationsgewinne als Apanage.
    Dem entgegen stehen, sonst wäre es keine wirkliche Aussicht auf ein Paradies, einige mehr oder meist wenige Hie- und Da-Gewinner als Beweis für die Richtigkeit der Lüge: die Säulenheiligen in den heiligen Galerien scheinbar ewigen Scheins. Da tummeln sich an Apollons Tafel fette Spekulanten, bedient von einigen wenigen an Brosamen und Glitter reichen Künstlern als Asservate, … in ihrem Handgepäck all die wehrlosen, weil ohnehin verschiedenen Schöpfer zeitloser Kunst.
  • Walter Jens nannte es Intelligenzmobilisierung: welch feines Schlagwort mitten ins Getriebe der Ansichten über Kunst & allerley sich dafür ganz fest Haltendes.
  • Beweist die Unmöglichkeit der Vermessung von Kunst ihre Nichtexistenz?
  • Das Kunstwort Entstrengung ist in der Tat ein Kunstwort in zweierlei Sinnen: Es ist ein künstliches Wort, mithin ein Künst-Wort, sowie ein Kunst-Wort im Sinne der Kunst, der hohen selbstverständlich … unter dem machen wir es nicht. Was jedoch möchte uns das Kunstler damit sagen? Nun, eigentlich gar nicht soviel, was nicht über das Wort selbst transportiert werden kann, womit selbiges einen erheblichen, aber bedenkenswerten Vorteil hat: es erübrigt sich im Grunde jede Erläuterung des Begriffes, welcher somit ganz und schön für sich beziehungsweise für Entstrengung steht. Im Ergebnis möchte uns das Kunstler also überhaupt gar nichts sagen, was nicht durch das Wort Entstrengung selbst schon gesagt hätte sein und werden können. Bleiben wir also schön entstrengt …
  • Immer dann, wenn Du Kunst kaufst, geht irgendwo ein Händler von Massenware pleite.
  • Der Begriff »Politische Kunst« ist falsch. Kunst kann politisch motiviert sein und politisch wirken, ist selbst aber ebenso wenig politisch wie der Tod. Kunst ist das, was sie ist, nämlich einfach Kunst … sui generis.
  • In der Kunst lernt man, für sich selbst verantwortlich zu werden, ohne bestimmte Regeln zu befolgen. Eine Person, die Regeln befolgen muss, ist wie eine blinde Person, die jemanden braucht, der sie führt, um gehen zu können. Aus diesem Grund muss ein Künstler seinen Geist öffnen, um seinen Zustand und seine Möglichkeiten zu entdecken, so dass er nicht länger von irgendjemandem oder irgendetwas abhängig ist. Kunst ist frei.
  • Der Kunstmarkt ähnelt einem Goldrausch. Außer wenigen Ausnahmen werden nicht die Goldgräber reich, sondern die Zuliefer.
  • Kunst muss weh tun. ARS DOLERE DEBET.
  • Kunst ist die radikalste Form der Selbstentblößung, weil sie öffentliches Scheitern zulässt.
  • Quare siletis artifices in arte vestra? Warum schweigt ihr, Künstler, in eurer Kunst?
  • Die äußerst aufschlussreiche Begründung etablierter Kunstgalerien, keine Kunstwerke unbekannter Künstler auszustellen, weil diese unbekannt wären, ist heute zu einer eigenständigen Kunstform erhoben worden.

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